Die Älteren werden sich noch an die Watergate-Affäre erinnern können: „Während des Präsidentschaftswahlkampfs 1972 verübten Beauftragte des Wahlkomitees der Republikaner einen Einbruch im Hauptquartier der Demokratischen Partei im Watergate Building in Washington und installierten dort Abhörgeräte. Die Täter wurden gefasst. Durch journalistische Nachforschungen stellte sich heraus, dass Vertraute des Präsidenten von dem kriminellen Akt gewusst und nach seiner Aufdeckung unter Leitung und Mitwirkung Nixons versucht hatten, ihre Beteiligung zu vertuschen“(weiterlesen).
Es waren damals Journalisten, die den Machtmissbrauch aufgedeckt hatten und damit zum Sturz des damaligen Präsidenten Richard Nixon beitrugen. Könnte so etwas auch in Deutschland passieren? Diesmal könnte es sein, dass ein Mitarbeiter des Innenministeriums in Deutschland den Anstoß hierfür gibt. Ein namentlich nicht öffentlich bekannter Referent K. des Innen-Ministeriums hatte ein Papier erstellt (weiterlesen) mit dem Titel: „Coronakrise 2020 aus Sicht des Schutzes Kritischer Infrastrukturen - Auswertung der bisherigen Bewältigungsstrategie und Handlungsempfehlungen" (weiterlesen) . Dieses über 80-seitige „geleakte“(geleakt: ein als geheim, nicht für die Öffentlichkeit bestimmtes Papier, der Öffentlichkeit zugänglich machen) Schriftstück (KM 4 – 51000/29#2, 25. April 2020/ 7. Mai 2020, Version: 2.0.1) wurde auf der Homepage „Tychis Einblick“ (weiterlesen) veröffentlicht und analysiert. Die wesentlichen Aussagen dieses Berichtes sind aus meiner Sicht:
- Keine ausreichende Kontrolle über die Folgen der „Lock-down-Maßnahmen“: Die „Kollateralschäden“ der Maßnahmen sowohl im Gesundheits-, Sozial- als auch im Wirtschaftsbereich wurden nicht im ausreichenden Maße in Augenschein genommen. Der Vorwurf ist der, dass nur einseitig die Gefahreneindämmung hinsichtlich der Korona-Infektionen auf ihren Erfolg hin geprüft wurde, nicht aber die Gefahren, die durch die getroffenen Maßnahmen für alle anderen relevanten Bereiche des gesellschaftlichen Lebens bestehen. Das Papier nennt vor allem die gesundheitlichen Schäden: Kontaktverbote nach außen in Pflegeheimen, Quarantäneverhängung bei festgestellten Außenkontakten verschlechtern massiv die bereits eingetretene reduzierte Lebensweise alter Menschen. Beeinträchtigung der Lebenssituation treffen psychisch kranker Menschen besonders hart, weil sie eine geringere Widerstandskraft (Resilienz) haben, belastende Lebenssituationen zu überstehen; dies führe auch zu einer erhöhten Selbsttötungsrate. Die Aufschiebung von eigentlich notwendigen Operationen (2,5 Mio. eigentlich notwendiger Eingriffe wurden aufgeschoben) zu Gunsten von Corona-Fällen hat zu einer vermuteten Erhöhung von Sterberate (geschätzt 5000 bis 125.000) dieser Patienten geführt. Verschlechterung der Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen (Schlaganfall, Herzinfarkt) durch „Corona-Fixierung“ (der Fokus der Aufmerksamkeit wird weg von Warnzeichen auf einen drohenden Herzinfarkt oder Schlaganfall hin auf Warnzeichen einer Corona-Infektion gelenkt) führt zu einer Verschlechterung der rechtzeitigen Behandlung.
- Selektive Berücksichtigung von Fachleuten: Es wurden nur ausgewählte Fachleute des Robert-Koch-Instituts (RKI) angehört und bei der Gefährdungslage nicht eine ausreichende ganzheitliche Problemanalyse vorgenommen, wobei die „Kollateralschäden“ der Maßnahmen nicht berücksichtigt wurden. Andere wissenschaftliche Gegeneinschätzungen, die nicht vom RKI kamen, wurden diffamiert und nicht zugelassen.
- Fehlerhafte Krisenbewältigung: Eine fehlerhafte Gefahrenbewertung am Anfang der Krise im Januar (keine ausreichende Beschäftigung mit dem aus China kommenden Virus) und im Februar (keine ausreichende Vorbereitung für eine anstehende Pandemie) hat zu einer „Bugwelle von überfälligen Entscheidungen“ geführt.
- Mangelnde Gefahrenanalyse: Die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens erfassende Gefahrenanalyse fehlt. Wird diese nicht vorgenommen, droht eine Welle von Schadensersatzforderungen gegen den Staat wegen der verordneten Maßnahmen.
Der Referent des Papiers kommt zu der Schlussfolgerung, dass es sich bei dem Bündel der getroffenen Maßnahmen um einen „Fehlalarm“ handelt, denn durch „den neuen Virus bestand vermutlich zu keinem Zeitpunkt eine über das Normalmaß hinausgehende Gefahr für die Bevölkerung (Vergleichsgröße ist das übliche Sterbegeschehen in Deutschland)“ (weiterlesen) . Der Mitarbeiter, der das Papier erstellt hatte, wurde vom Dienst suspendiert, worauf die an dem Skript beteiligten Wissenschaftler (z. B . Prof. Dr. Sucharit Bhakdi, Dr. med. Gunter Frank) eine Pressemitteilung herausgaben, in der sie feststellten: „Mit Verwunderung nehmen wir, die an der Erstellung des besagten Corona-Papiers beratend beteiligten Ärzte und Wissenschaftler/Wissenschaftlerinnen, die Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 10. Mai „Mitarbeiter des BMI verbreitet Privatmeinung zum Corona-Krisenmanagement - Ausarbeitung erfolgte außerhalb der Zuständigkeit sowie ohne Auftrag und Autorisierung“ zur Kenntnis“. Sie stellen in einem Fazit abschließend fest: „Für uns ergibt sich aus dem gesamten Vorgang der Eindruck, dass nach einer sicher schwierigen Anfangsphase der Epidemie nun die Risiken nicht im notwendigen Maß und insbesondere nicht in einer umfassenden Risikobetrachtung bedacht worden sind.“ (weiterlesen)
Das „geleakte“ Papier stellt sicher einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion um die Corona-Maßnahmen dar. Was fehlte, waren Analysen zu den wirtschaftlichen Folgen der politischen Entscheidungen. Die „Dominanz“ der Mediziner in den Entscheidungsprozessen erscheint hier evident. Auch Wirtschaftswissenschaftler und Sozialwissenschaftler gehörten von Anfang an bei allen Entscheidungen hinzugezogen, um zu ausgewogenen Maßnahmen zu gelangen.
Ob die erstellte Studie nun die Wirkung hat, die Regierung zum Umdenken zu bewegen, erscheint zweifelhaft. Nur wenn möglichst viele gesellschaftliche Gruppen – zu denen vor allem auch die Mainstream-Medien gehören – genügend Druck machten, könnte sich etwas bewegen. Ob die Kritik tatsächlich auch diesen Druck auslösen könnte, die amtierende Kanzlerin aus ihrem Amt zu vertreiben, ist die spannende Frage, die am Ende offen bleiben muss.
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