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Weihnachten fällt dieses Jahr einem kleinen Virus zum Opfer. Es verunmöglicht die für viele wichtigen Ereignisse zum Ende des Jahres: Der Gang zur Christmette mit Krippenspiel, Orgelklänge und gemeinsamen Gesang, wie etwa dem Lied „Oh du fröhliche…“, der Segen des Pfarrers mit der Botschaft, das Jesus Christus in die Welt gekommen sei, um uns zu erlösen – und das alle Jahre wieder. Nun dominieren die Technik (Übertragung per Internet oder Videobotschaft) und die Privatisierung des Festes als Singelveranstaltung (viele sind allein zu Hause und trauen sich nicht aus dem Haus) oder kleine Feier im engsten Familienkreis (wegen der Ansteckungsgefahr). Was ist aber das, was viele so schmerzlich vermissen?

  • Mehr Tradition und Kultur als Religion: Jahrzehnte- oder sogar schon jahrhundertelang wird das Fest zur Wintersonnwende in der Welt gefeiert. Skeptisch müsste es jeden kritisch denkenden Menschen stimmen, dass ausgerechnet zu der Zeit, in der auf der nördlichen Halbkugel der Erde die Sonne am tiefsten steht, dieses Fest begangen wird. Der eine oder andere wird es ahnen, andere sogar schon wissen: Es ist in seinem Ursprung ein Fest, dass gefeiert wurde, um sich an der Wiederkehr der Sonne zu erfreuen, also der Tatsache, dass nach dem Tag, an dem die Sonne am südlichen Wendekreis unserer Erdkugel am höchsten steht, sie sich scheinbar wieder auf den Weg zurück in den Norden begibt. Und das wussten, man höre und staune, bereits die Völker der antiken Welt, obwohl sie noch keine moderne Technik hatten, dies genau zu messen und zu erfassen. Erstmals wurde es wohl im 4. Jahrhundert im römischen Reich gefeiert, und zwar anlässlich des angeblichen Geburtstages des Kaisers Aurelian, dessen Geburtstag am 25.12. gedacht wurde. Um dem zuvor zu kommen, wurde der Geburtstag von Jesus Christus einen Tag vor, also auf den 24.12.2020 gelegt. Es war wohl ein taktischer Schachzug der noch jungen katholischen Kirche, die Geburt von Jesus Christus in die Zeit zu legen, in der auch die „Heiden“ ihr Sonnwendfest feierten, um so diese den Übertritt zum christlichen Glauben zu erleichtern (weiterlesen). Dass wirklich Jesus in dieser kalten Zeit in einem Stall geboren wurde, gehört in das Reich der Legenden, denn es gibt keine biblischen  Belege dafür. Nur im Lukasevangelium wird über die Geburt von Jesus berichtet und hieraus können wir erkennen, dass zu dieser Zeit Hirten nachts mit ihrer Herde auf dem Feld waren, somit es nicht „mitten im kalten Winter“ gewesen sein kann, wie es heute gerne feierlich gesungen wird, denn selbst im Palästina kann es nachts im Winter empfindlich kalt werden. Folgt man dem Lukas-Evangelium, dann könnte die Geburt vielleicht im Frühherbst gewesen sein, denn die Schafe der Hirten waren noch nicht von den Feldern geholt worden, was zu Beginn der Regenzeit im Oktober der Fall war (weiterlesen). Als aber das Fest für die Geburt von Jesus installiert war, konnte es wohl nicht mehr vertrieben werden, denn die Menschen lieben nun einmal Feste, die sich zu bestimmten Tagen im Jahr wiederholen, um so dem Jahr eine gewisse Struktur zu verleihen. Alle mit dem Weihnachtsfest verbundenen Sitten und Gebräuche hatten weniger religiöse Motive als man vermutet. Die Krippe und auch das Krippenspiel mit der Darstellung der „heiligen Familie“, den Hirten und dem Tieren gehen wohl zurück bis ins 13. Jahrhundert (weiterlesen). Der Weihnachtsbaum, um den herum sich am Heiligen Abend die Familie versammelt, hat auch nichts mit dem Christentum zu tun. Es war schon immer ein heidnischer Brauch, der darin bestand, immergrüne Zweige, z. B. auch Tannen, als Symbol für die Wiedergeburt der Sonne, für den kommenden Frühling zu sehen. Erstmals soll 1419 von der Freiburger Bäckerschaft ein solcher Baum aufgestellt worden sein, der mit Nüssen und Früchten bestückt war (weirerlesen). Der Weihnachtsmann, der aus „dem hohen Norden“ kommt und eigentlich der „heilige St. Nikolaus“ ist, könnte sich bei näherem besehen auch nicht als so heilig herausstellen. Der St. Nikolaus, auf den sich der eigentliche Brauch bezieht und im englischen Sprachraum Santa Claus heißt, könnte sich als ein völlig unheiliger Mann herausstellen. Das Wort Santa könnte als Anagramm des Wortes Satan und das Wort Claus, das im Englischen genauso gesprochen wird wie das Wort Claws (Klauen), könnte dann als des Satans Klauen interpretiert werden (weiterlesen). Ist das ein Zufall? Selbst wenn der Nikolaus als unschuldig gelten sollte, wird er doch von seinem von allen gefürchteten „Knecht Ruprecht“ oder „Krampus“ begleitet, der aber als ein Dämon gilt, der die angeblich bösen Kinder mitnimmt (weiterlesen).  
  • Geburt des Sohn Gottes: Viele glauben, dass Jesus eine Inkarnation eines Teils der dreifaltigen Gottheit ist, der sich somit in einem Akt der Demut in Menschengestalt den Menschen offenbarte. Schon in der Adventszeit wird der immer werdenden Wiederkehr des Jesuskindes gedacht und sich darauf vorbereitet. Diese „Vergottung“ von Jesus Christus als Gottes Sohn ist aber bei näherer Betrachtung nicht ausreichend biblisch begründbar, da diese Behauptung nicht aus der Bibel so ohne weiteres abgeleitet werden kann (weiterlesen). Die Bezeichnung der Sohnschaft hat zudem zu viele „biologische Assoziationen“(wer ist dann die Mutter? Maria ist ja nur die leibliche Mutter. Aber wie soll dann Jesus „geistig“ vom Vater“ gezeugt worden sein?) als dass sie ernsthaft in Erwägung gezogen werden kann und ist deshalb unlogisch. Die realistischste Interpretation wäre die, dass diese sich auf eine getreue Gefolgschaft beziehen könnte, auf eine uneingeschränkte Befolgung der von Gott den Menschen gegebenen Gebote, die ein „gottgefälliges“ Leben erst ermöglichen. Jedes Jahr also die „Menschwerdung“ des Sohnes Gottes in Form der Geburt eines Kindes zu feiern ist also unsinnig. Sie entspringt einem „einfach gestrickten“ Gottesbildes, das gerne von den Kirchen gepflegt wird, um Menschen nicht intellektuell zu überfordern, so dass es auch „der Dümmste“ versteht. Die Schlichtheit der Geschichte kann also nicht diejenigen überzeugen, die zu einer selbständigen Denkweise gelangt sind. Wenn Gott aufgrund seiner Absolutheit allgegenwärtig und ewig ist, spielen für ihn doch logischerweise weder Raum noch Zeit eine Rolle – diese gelten nur für die Menschen. Deshalb muss er auch nicht auf der Erde inkarnieren, auch nicht als ein Teil seiner „Dreifaltigkeit“ in Form eines Sohnes. Hier werden menschliche Kategorien (in die Welt kommen, Sohnschaft) angelegt, um etwas schier Unbegreifliches doch irgendwie begreiflich zu machen: dass Gott sowohl als transzendent (jenseits unserer dreidimensionalen Welt existierend) als auch immanent (auch Teil dieser materiellen Welt seiend) angenommen wird. Er muss auch nicht – als Sohn Gottes – die ganze Schuld der Menschheit auf sich nehmen, um uns zu erlösen. Diese Erlösungsfiktion ist aber eng mit der Geburt von Jesus und seiner Kreuzigung als notwendiges Übel verbunden (weiterlesen). Was Jesus wohl erkannt hat, war, dass er als unsterbliches Wesen sowohl Teil der materiellen als auch der geistigen Welt ist. Aber diese Eigenschaft trifft genauso für den Menschen selbst zu, was auch Jesus immer wieder versucht hatte, den Menschen damals klar zu machen (meistens in Gleichnissen).

Die gegenwärtige Corona-Krise stellt uns vor eine harte Probe, nämlich gleichzeitig auch notgedrungen allgemein anerkannte Gebräuche und Gewohnheiten wie das Weihnachtsfest infrage zu stellen. Dies trauen sich viele nicht, weil sie Angst haben, radikale Fragen zu stellen. Sie klammern sich lieber an alte Gewohnheiten, um sich in einer Scheinsicherheit zu wähnen, die aber in Wirklichkeit keine ist. Nur wer bereit ist, diesen ganzen Ballast an Traditionen und falschen Versprechen abzuschütteln, wird erst frei sein, neue Wege der Erkenntnis zu gehen. Können wir also Weihnachten demnächst ganz ausfallen lassen? Ja, das könnten wir oder es ehrlich als ein Sonnwendfest deklarieren, das wäre wenigstens ehrlich.

© beim Verfasser       

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